Bernd Reißmann (links): Alle sollen mitkommen.

»… Seit Sonntag ist Bernd Reißmann unterwegs Richtung Rostock und Heiligendamm. Man traut ihm das gar nicht zu. Er ist ein kleiner, leicht gebückter Mann von 64 Jahren. Er wirkt fast schüchtern in seiner Freundlichkeit. Seit Sonntag sitzt er wieder auf dem Fahrrad, unterwegs von Dresden nach Rostock, im Gepäck seinen Biwak-Schlafsack, einen Kulturbeutel, Wäsche. Knapp 500 Kilometer radeln er und ein paar Mitstreiter. „Hoffentlich ist das Wetter nicht so heiß-schwül“, hatte er sich vorher gewünscht. Dann wurde es furchtbar heiß-schwül in Dresden, aber er strampelte los auf seinem Tourenrad.

In Dresden kennt man Bernd Reißmann. Er ist hilfsbereit und auf eine altmodische Art links, er ist fast überall dabei, wo gegen Ungerechtigkeiten der Welt protestiert wird. 30 Jahre lang war der studierte Mathematiker bei Robotron, dem DDR-Computerkombinat, beschäftigt. Dann kam die Wende, Robotron zerfiel in etliche Restunternehmen. 1990 hatte Reißmann noch 1150 Kollegen, 1998 nur noch 20. Dann war Schluss, er bekam 3500 Mark Abfindung, seitdem ist er arbeitslos und macht in politischem Protest. Er ist noch bei den Montagsdemos dabei, obwohl es die kaum noch gibt. In Dresden nur noch zwei Gruppen mit zusammen 20 Demonstrierern, die sich noch nicht einmal grün sind. Er ist in der IG Metall, dem Arbeitslosenrat, der Friedensbewegung, aber meistens ist er auf dem Fahrrad für die gute Sache unterwegs. Er radelte für den Weltfrieden in sechs Wochen von Paris nach Moskau, er fuhr von Hannover nach Prag, von Prag nach Köln, durch Frankreich. Er radelte 2002 vor dem SevillaGipfel nach Südspanien. Bernd Reißmann sitzt für Frieden und Gerechtigkeit im Sattel. „Ich bin ein überzeugter Pazifist“, sagt er. „Radfahren ist mein Hobby.“

Vor Heiligendamm will er zelten und protestieren. Gewalt? Nein, nicht sein Ding. Der Gipfel, sagt er, sei undemokratisch. „Die Mehrheit der Menschheit hat sowieso nichts davon.“ Parteien sind für ihn überholt. Die Massen müssten sich erheben, meint er. Deshalb setzt er sich auf sein Rad: „Man muss die Menschen aufmerksam machen auf das, was schief läuft.“ Und sollte es heftig regnen und stürmen und er nicht rechtzeitig ankommen auf seinem Rad in Heiligendamm? „Dann wird operativ entschieden“, sagt der kleine Mann. Paris-Moskau sei auch kein Zuckerschlecken gewesen. …«

Quelle: Kölner Stadtanzeiger
Luftschlangen für den Weltfrieden - Motive der G8-Gegner
VON BERNHARD HONNIGFORT, 28.05.07, 19:07h


»Danke an Bernd Reißmann: Nicht nur, dass er einer
der 4 war, die komplett durchfuhren: die Empfänge
der Linkspartei in Dresden, Kamenz, Bautzen und
Görlitz waren sein Vorbereitungswerk. Und wo
Bernd war, da war vorne auf der Tour. Er schaffte es
meistens, die Geschwindigkeit so zu gestalten, dass
alle mitkamen, auch die weniger Trainierten.«

Aus: Paris ­ Moskau 2006
Ein großes Dankeschön

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