Das Kernkraftwerk Tschernobyl, aufgenommen von Prypjat aus.


Atom-Wahnsinn unserer Zeit


In seiner akribischen Recherche für den Roman »Der Radfahrer von Tschernobyl« über die Atomsiedler von Prypjat hat der spanische Schriftsteller Javier Sebastián zwei sehr wichtige Dinge zur Sprache gebracht. Nach einer in dem Roman zitierten Studie werden als Folge der weltweiten Atomkraft-Nutzung über 376 Millionen Menschen Krebs erleiden. Trotzdem hat es die internationale Atomindustrie-Lobby wieder geschafft, dass wir schon ein Jahr nach Fukushima nur noch sehr wenig über die dramatischen Folgen in den »Mainstream-Medien« lesen.


Aber ein sich nicht Wehren gegen den atomaren Wahnsinn kann für uns alle mit der »radioaktiven Krebs-Todesstrafe« geahndet werden. Die Wahrheit dieser Behauptung beweisen uns die tausenden verstrahlten und zum großen Teil bereits verstorbenen Mitmenschen in der Nähe von Tschernobyl und Fukushima.


Dass ein Herr Claassen trotzdem behauptet, dass »gegen ein Tankerunglück in der Straße von Malakka die Katastrophe von Fukushima ein Fliegenschiss« wäre, hat mich fassunglos und wütend gemacht. Wie kann es sein, dass der ehemalige EnBW Chef mit seinem »Atomblut-Buch« – ohne öffentlichen Aufschrei – die Opfer von Fukushima so verhöhnen kann. Hat er denn überhaupt kein Mitgefühl für die über 150.000 in Japan evakuierten Menschen, die wahrsheinlich genau, wie die Opfer von Tschernobyl, nie wieder in ihre Heimat zurückkehren dürfen.


Das Vorstandsmitglied von der Munich Re, Torsten Jeworrek nennt die Erneuerbare Energiewende zu Recht »eine Jahrhundertaufgabe, die eine Jahrhundertanstrengung erfordert«.


Nur seine Forderung Solarstrom in Zukunft vor allem in Südspanien zu ernten bzw. Windstrom in Frankreich, Englands und Irlands Atlantikküsten zu ernten, halte ich für völlig falsch.

Auch wenn es an diesen Standorten sicher sonniger oder windiger ist als in Deutschland, sollten wir nicht eine fossil-atomaren Energie-Abhängigkeit gegen eine »solare und windige Abhängigkeit« eintauschen.


Das Anstreben einer größtmöglichen Energieautonomie für alle Volkswirtschaften weltweit sollte die Lehre aus den Atomkatstrophen und der aktuellen EURO-Krise sein. Durch die Nutzung der erneuerbaren Energien werden dezentral Arbeitsplätze geschaffen. Außerdem wird das Außenhandelsdefizit und die Verschuldungsrate fast aller Staaten durch heimische Sonnen- und Windenergienutzung drastisch reduziert.


Bereits heute haben wir im vergleichsweise »sonnen-armen und wenig wind-reichen« Deutschland zeitweise »zu viel erneuerbare Energien« im Stromnetz. Das sollte aber auf keinen Fall dazu führen den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland zu bremsen. Offensichtlich besteht heute die neue Herausforderung die erneuerbaren Energien sinnvoll und kostengünstig zu speichern.


Als Folge sollten wir schnellstmöglich ein Erneuerbare-Energie-Speicher Gesetz einführen. Das würde dazu führen, dass Deutschland endlich wieder den Anschluss an die Speicher-Technologie-Führer aus vor allem Asien gewinnen könnte. Aber es gilt nicht nur die diversen Batterie-Speicher Technologien zu fördern, sondern auch die diversen Druckluft-Speicher Technologien bzw. die Power-to-Gas Tehcnologien. Bei der Power-to-Gas Technologie wird sogar CO2 aus der Atmosphäre geholt. Mit bespielsweise Windkraft wird durch Elektrolyse Wasserstoff gewonnen. Dieses H2 wird mit Hilfe von CO2 zu CH4 = Methan umgewandelt. Und für Methan haben wir in Deutschland bereits Saison-Speicher installiert.


Wir sollten uns immer vor Augen halten, dass wir momentan mittels »fossilen Öl-, Gas-, Kohle- und Uran-Energiequellen« gar keine wirklichen »Energiequellen« nutzen, sondern in Wahrheit uralte Energiespeicher. Zur Herstellung dieser Speicher hat die Erde Jahrmillionen benötigt. Wir haben in nicht einmal 200 Jahren bereits über die Hälfte dieser »Nicht-Energiequellen« verbrannt.


Obwohl die Sonne uns täglich 10.000-mal mehr Energie sendet, als wir verbrauchen, soll unser Spiel mit dem »fossil-atomaren Feuer« intelligent sein?


Dass wir trotz unserem immer noch praktizierten »fossil-atomaren Energie-Wahnsinns« wagen uns selber »homo sapiens« zu nennen, werden unsere Nachfahren in spätestens 100 Jahren wahrscheinlich nur noch mit Kopfschütteln kommentieren.


Die weltweite solare Energiewende ist mit bereits heute verfügbaren Techniken technisch machbar und auch finanzierbar. Dies haben unzählige Studien von GREENPEACE, EUROSOLAR, dem Solarenergieförderverein (SFV), dem Worldwatch Institut etc. bewiesen. YES WE CAN live in a solar world!



Frank Winkler
Quelle: Leserbrief an SZ
Foto: Andrzej Karoń from Olkusz, Poland, cut by ChNPP




Buchtitel: Javier Sebastián, Der Radfahrer von Tschernobyl.

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